Technischer Redakteur – wie schreibt man das richtig?

Das Problem mit der Berufsbezeichnung

Eines Tages war er da, der “technische Redakteur”. Längst im Nebel der Geschichte versunken ist derjenige, der diese unsäglich unlogische Bezeichnung eines doch ehrbaren Berufes erfunden hat. Das istvielleicht gut so. 
Sonst müsste sich der Urheber ja einmal befragen lassen, wie so eine unsinnige Bezeichnung zustanden kommen konnte, so unlogisch und ungermanistisch. Denn was ist an einem Redakteur technisch, er ist doch ein Mensch, es sei denn, er hat ein künstliches Herz, oder ein metallisch neues Hüftgelenk, ja, dann könnte man ihn vielleicht als technischen Menschen bezeichnen. Obwohl das nur für ein bestimmtes Individuum gelten würde, alle anderen seines Berufsstandes wären eben nicht technisch, sondern nur menschlich.
Dieser t... Redakteur beschreibt also technisch mehr oder minder komplexe Sachverhalte, seine Bezeichnung beschreibt nicht ihn. Genauso gut könnte man einen seiner Kollegen, der sich mit der Fehlersuche in Tunnelbohrmaschinen befasst, als “defekten Redakteur” bezeichnen, was ja auch keiner tun würde. Ähnliche Verwirrnisse gibt es dank der deutschen Sprache immer wieder, denken wir nur an den Kirschkuchen, der Kirschen enthält und an den Hundekuchen. Sie verstehen, was ich meine.

Lösungen für einen anständigen Beruf

Versuchen wir einmal mit einem Kompositium, einer wunderbaren Erweiterung der deutschen Sprache, den Redakteur, der Technik beschreibt, umzufirmieren: Technikredakteur. Das wäre eine sprachlich einwandfreie Berufsbezeichnung, ein wenig holprig zwar, aber logisch richtig. Wir könnten noch eine Variante diskutieren, Technik-Redakteur, aber im Prinzip passt es so. Den Fruchtverkäufer auf dem Wochenmarkt bezeichnen wir ja auch nach diesem System, nur in äußerst seltenen Fällen würden wir auf den als fruchtigen Verkäufer referenzieren.
Dasselbe Prinzip gilt auch für die technische Dokumentation, bei der das heute noch üblicherweise verwendete Papier ja auch nicht technisch ist, sondern Technik dokumentiert. Also: Technik-Dokumentation, oder Technikdokumentation.

Und dennoch ...

Manche Fehler schleichen sich ein, ergattern ein Gewohnheitsrecht und es bleibt dabei. “Public Viewing”, “Utility Film” oder “Handy” gehören auch dazu: Ohne nachzudenken von vielleicht bildungsfernen Mitbürgern eingeführt schlagen wir uns nun mit Bezeichnungen herum, die englischen Muttersprachlern ein mitleidvolles Lächeln aufs Gesicht zaubern. 
So ist das auch mit dem technischen Redakteur, er ist nicht totzukriegen, so falsch die Benennung auch sein mag. Viele haben eine Korrektur versucht – vergeblich.
Ein Vorschlag zur Güte: Belassen wir es beim technischen Redakteur, dann aber als falsche eingeführte Bezeichnung mit Großbuchstaben: “Technischer Redakteur”, dann weiß jeder Wissende, dass er hier nicht anrühren darf, das ist ein eingeführter Fachbegriff. Der VDI hat es in seiner Richtlinie 4500 vorgemacht: “Externe Technische Dokumentation” als Beispiel daraus.
Einverstanden? Nie mehr ein fruchtiger Verkäufer? Würde mich freuen!

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Kommentare: 3
  • #1

    Martin (Donnerstag, 31 Oktober 2024 13:21)

    Ich habe mich mächtig amüsiert. :)

  • #2

    Ulrich Thiele (Donnerstag, 31 Oktober 2024 13:27)

    @Martin: Freut mich, das mit dem Amüsement! Obwohl ... eigentlich habe ich es ja ernst gemeint, ich hasse einfach das Vergewaltigen der Deutschen Sprache, oder das Nichtwissen darum. Jaja, der Deppen-Apostroph, oder die "erneuerbaren Energien".

  • #3

    Nikolaus Heermann (Donnerstag, 31 Oktober 2024 20:42)

    Dass ich ein technischer Redakteur bin, ist nicht logisch? Da muss ich schmunzeln. Stimmt. Habe ich doch nicht Logik studiert, um Betriebsanleitungen zu schreiben! Meine berufliche Karriere verlief also ausgesprochen unlogisch. Ich musste lernen, dass meine Sprache nicht immer logisch ist. Ich musste meine Sprache unter Kontrolle bringen.
    Aber eine Regel des Deutschen, habe ich bisher gedacht, folgt streng den Regeln der Logik. Die Groß- und Kleinschreibung von Adjektiven in mehrteiligen Namen und Bezeichnungen. Ein Name bezeichnet ein Einzelnes. Eine Bezeichnung die Gattung. Das Adjektiv am Anfang eines Namens schreibt man groß. Das Adjektiv am Anfang eines Begriffs schreibt man klein. Und weil Titel, selbstredend, nur an wirklich einzigartige Persönlichkeiten verliehen werden, schreibt man die Adjektive darin ebenfalls groß.
    Der grüne Duden hat einmal unmissverständlich festgehalten: Berufsbezeichnungen, die ein Adjektiv enthalten, sind keine Titel. Das Adjektiv wird daher in solchen Fügungen kleingeschrieben: Er will technischer Zeichner werden.
    Womit wir beim Ursprung unserer Berufsbezeichnung angelangt wären. Ich will nicht wissen, wie viele Wörter unserer Sprache einfach in Analogie gebildet werden. Und was ist an Analogien bitteschön logisch?
    Der Duden, in den ich geschaut habe, ist schon etwas älter. Irgendwann kamen die Fachbegriffe hinzu. Der italienische Salat, der deutsche Schäferhund, der Rote Milan, die Grie Soß. Geht man einen Schritt weiter und diskutiert die Sache am Runden Tisch, einigt man sich schnell darauf, dass großzuschreiben sei, was wichtig ist. Aber nicht mit mir! Es reicht schon, ein Besserwisser zu sein. Ich will nicht auch noch ein Wichtigtuer werden. Logisch!